Der März ist der Darmkrebsmonat. Mit zahlreichen Aktionen soll auf die Wichtigkeit der Darmkrebsvorsorge aufmerksam gemacht werden. Die Darmspiegelung ist sozusagen der Goldstandard unter den Darmkrebsvorsorgeuntersuchungen. MEIN-TAG-Chefredakteur Damian Sicking (63) berichtet in der folgenden Reportage, wie es ihm bei der Darmspiegelung ergangen ist. Sein Fazit: Halb so schlimm.
Darmkrebs in der Familie
Ich weiß, ich bin spät dran. Viel zu spät eigentlich. Meine Geschwister haben es schon vor Jahren gemacht. Aber ich habe mich immer davor gedrückt. Jetzt bin ich 63, im nächsten Monat 64, es wird also höchste Zeit. Außerdem habe ich es meiner Frau versprochen. Ich rede von der Darmspiegelung. Sowohl meine Mutter als auch mein Vater hatten Darmkrebs, damit gehöre ich zur Risikogruppe der Menschen mit einer erblichen Vorbelastung. Warum ich die Darmspiegelung trotzdem noch nicht gemacht habe? Vermutlich aus einer Mischung aus Bequemlichkeit, Angst vor der Untersuchung, die, wie ich gehört hatte, sehr unangenehm sein soll, und dem Glauben, dass ich noch viel Zeit habe. Meine Eltern erkrankten schließlich auch erst, als sie weit über 70 waren.
Vorsorgealter ab 50 Jahren
Dass ich mit meiner Laissez-fire-Einstellung nicht alleine stehe, ist keine Entschuldigung. Nur rund 40 Prozent der Frauen und Männer im Vorsorgealter (Männer ab 50, Frauen ab 55) haben in den vorangegangenen zehn Jahren eine Darmspiegelung in Anspruch genommen. Mit anderen Worten: 60 Prozent, also weit mehr als jeder Zweite bzw. jede Zweite, hat es nicht getan. Nicht gut. Denn: „Darmkrebs bei Männern ist die Krebstodesursache Nummer zwei. Nur an Lungenkrebs sterben Männer noch häufiger“, schreibt Dr. Florian Sturm in seinem Buch „Porsche, Pommes, Prostata“. Die Chance, einen Darmkrebs zu überleben, liegt bei nur 50 Prozent.
Darmspiegelung senkt Risiko, an Darmkrebs zu erkranken
Das muss nicht sein. Und hier kommt die Darmspiegelung ins Spiel. Nach einer Studie des deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) senken Darmspiegelungen das Risiko für Darmkrebs um 60 Prozent und die Wahrscheinlichkeit, an einem Tumor im Darm zu sterben, sogar um 70 Prozent. Das sollte doch Grund genug sein, sich dieser Prozedur alle zehn oder – wie bei Risikopatienten wie mir – alle fünf Jahre zu unterziehen.
Vorbereitung auf die Untersuchung
Und so sitze ich hier im Wartezimmer des MediCenter Germering und warte auf Dr. Andreas Jung, seines Zeichens Gastroenterologe, der „meine“ Darmspiegelung durchführen wird. Vor drei Wochen war ich zum ersten Mal in der Praxis, zum Vorgespräch, und Dr. Jung hatte mir eine Reihe von Fragen gestellt (zum Beispiel ob in meiner Familie Darmkrebs schon vorgekommen war) und mir ausführlich erläutert, wie die Untersuchung ablaufen würde und ja, auch das gebietet die ärztliche Sorgfaltspflicht, welche Risiken auftauchen könnten. Dann hatte er mir noch einen Aufklärungsbogen sowie ein Päckchen mit Abführmitteln sowie ein Blatt mit genauen Anweisungen über meinen „Speiseplan“ in den Tagen vor der Untersuchung in die Hand gedrückt und mich mit den Worten, er freue sich darauf, mich wiederzusehen, entlassen.
Bei der Vorbereitung – Toilette sollte immer in der Nähe sein
Die unmittelbare Vorbereitung auf die Untersuchung hatte vor drei Tagen, also am Dienstag, begonnen. Auf einem Blatt standen ganz konkrete Anweisungen, was ich wann essen und trinken sollte und ich hatte mich penibel daran gehalten. Denn für den Erfolg der Untersuchung ist es von entscheidender Bedeutung, dass der Darm leer und sauber ist. Ab Donnerstag 14:00 Uhr durfte ich dann auch keine feste Nahrung mehr zu mir nehmen. Am Donnerstagabend und am Freitag in der Früh musste ich das Abführmittel trinken. Im Anschluss daran, so die Empfehlung auf dem Blatt, das mir Dr. Jung mitgegeben hatte, sollte ich mich immer in der Nähe einer Toilette aufhalten. Wie sich herausstellte, war das ein guter Tipp.
„Froh, dass ich’s durchziehe“
Und jetzt sitze ich hier, wie gesagt, und warte auf Dr. Jung. Bin ich nervös? Nein, eigentlich nicht. „Die Untersuchung selbst ist im Vergleich zu den aufwendigen Abführmaßnahmen eher harmlos“, hatte ich in der Patienteninformation gelesen. Da ich mich wie die meisten Patienten dazu entschieden hatte, das Angebot einer Schlafspritze anzunehmen, würde ich von der Prozedur selbst ohnehin nichts mitbekommen. Habe ich Angst vor einem möglichen negativen Ergebnis? Nicht wirklich. Ich bin vielmehr froh, dass ich es tatsächlich durchziehe und es in wenigen Stunden hinter mir haben würde.
Von der Darmspiegelung nichts mitbekommen
Pünktlich um halb zehn bringt mich eine Praxismitarbeiterin in den Untersuchungsraum. Ich soll mich bitteschön untenrum freimachen und bekomme dafür eine Hose aus dünnem Kunststoff mit einer Öffnung hinten. Danach darf ich mich auf eine Art OP-Tisch legen und Dr. Jung legt mir eine Kanüle in den Arm, durch die ich mit dem Schlafmittel versorgt werden würde. Das nächste, an das ich mich erinnere, ist, dass ich wieder aufwache und mich für den guten Schlaf bedanke. Ich habe von der Untersuchung wirklich nichts mitbekommen. Dann muss ich noch eine halbe Stunde in einem Nebenzimmer liegen bleiben. Da Dr. Jung mir während der Untersuchung immer mal wieder Luft oder genauer CO2 in den Darm gepustet hat, um eine bessere Sicht zu haben, muss ich öfter kräftig pupsen, wozu mich die nette Sprechstundenhilfe auch ausdrücklich ermuntert hat. Ich habe dementsprechend ein bisschen Bauchgrummeln, aber alles im Bereich des Erträglichen.
In fünf Jahren wieder
Nachdem ich mich wieder angezogen habe, erklärt mir Dr. Jung, dass alles gut geklappt habe und das Ergebnis der Untersuchung unauffällig sei. Lediglich einen kleinen Polypen habe er herausgeschnitten, der nun zur feingeweblichen Untersuchung geschickt werde. Wie sich später zeigen sollte, ist auch dieses Ergebnis negativ. Und das war´s dann auch schon. Ich fühle mich gut. Ich bin froh, mich nicht noch einmal vor der Untersuchung gedrückt zu haben. Ich habe keinen Darmkrebs und würde so schnell auch keinen bekommen. In fünf Jahren soll ich wieder kommen, sagt Dr. Jung. Und das will ich auf jeden Fall tun.
Wussten Sie schon?
Männer können ab einem Alter von 50 Jahren und Frauen ab 55 Jahren zweimal eine Darmspiegelung (Koloskopie) machen lassen. Die zweite Darmspiegelung wird frühestens zehn Jahre nach der ersten angeboten, sofern bei der ersten keine Auffälligkeiten gefunden wurde oder eine erbliche Vorbelastung besteht. Der Grund für den Abstand ist, dass es viele Jahre dauert, bis aus Darmpolypen Krebs entstehen kann. Bei Menschen über 75 Jahren findet in der Regel keine Darmspiegelung zur Früherkennung mehr statt, da das Risiko für Komplikationen mit dem Alter zunimmt. Dann bietet sich ein Stuhltest an. (Quelle: Gemeinsamer Bundesausschuss, www. g-ba.de)
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