Zwei Nachbarn begegnen sich auf der Straße, nennen wir sie Herrn Müller und Herrn Schmitz. Herr Müller fragt: „Na, wie geht’s?“ Herr Schmitz macht eine wegwerfende Handbewegung und antwortet: „Ich bin total gestresst. Und selbst?“ Sein Gegenüber seufzt und erwidert: „Ich bin auch völlig im Stress.“
Laut einer pronova BKK-Umfrage fühlen sich 87 Prozent der Menschen in Deutschland gestresst, jeder zweite glaubt, von einem Burn-out bedroht zu sein. Wissenschaftler der Universität von Cincinnati haben jetzt einen einfachen Test entwickelt, mit dem Stresshormone in Schweiß, Blut, Urin oder Speichel gemessen werden können. Das Ziel: Die Forscher hoffen, ein Gerät für zuhause auf den Markt zu bringen, mit dem jeder sein Stress-Level überwachen kann – und sich bei Bedarf rechtzeitig in fachkundige Hände begibt.
Auswirkungen von Stress
Diabetes, hoher Bluthochdruck, neurologische und psychische Störungen, Herzerkrankungen: Für Erstautorin Prajokta Ray sind das einige Beschwerden, die sie mit Stress in Zusammenhang bringt. „Stress schadet uns in vielerlei Hinsicht. Er schleicht sich heran. Und du weißt nicht, wie verehrend sich eine kurze oder lange Stressphase auswirken kann“, sagt sie.
Test berücksichtigt mehrere Biomarker
Das Team um Studienleiter Prof. Andrew Steckl arbeitete deshalb an einem Gerät, das mit ultraviolettem Licht Stresshormone in einem Tropfen Blut, Schweiß, Urin oder Speichel misst. Nach Steckl sind diese Biomarker wie Cortisol, Serotonin, Dopamin, Noradrenalin und Neuropeptid Y in allen Körperflüssigkeiten vorhanden, wenn auch in unterschiedler Konzentration. „Ich wollte etwas, das einfach und leicht zu interpretieren ist“, erklärt der Professor. Das Einzigartige für ihn ist, dass das Testverfahren nicht nur einen, sondern mehrere Marker berücksichtigt und dass es eben auf verschiedene Flüssigkeiten anzuwenden ist.
Test als Richtschnur, nicht als Arztbesuch-Ersatz
Steckl weiß, dass der neue Test keinen Arztbesuch ersetzt, auch keine Blutuntersuchungen im Labor. Denn das Verfahren ermittelt nicht alle notwendigen Informationen. Aber das ist auch nicht das Ziel. Den Forschern ging es vielmehr darum, einen Heimtest zu entwickeln, der eine Tendenz deutlich macht, ob ärztliche Hilfe notwendig ist und Stress zur Gesundheitsgefahr wird.
Private Situation als Ideengeber
Der Gedanke dazu kam Andrew Steckl, als sein Vater krank war und er ihn häufig zum Arzt oder ins Labor gefahren hat. So entstand beim Professor der Ingenieurswissenschaften die Idee, dass eine gute Sache wäre, wenn sein Vater seine Werte zuhause selbst kontrollieren könnte, um zu wissen, ob er medizinische Hilfe benötigt.
Die Forscher der Universität von Cincinnati glauben an die vielfältigen Anwendungsfelder ihrer Entwicklung und prüfen aktuell die kommerziellen Möglichkeiten.