Samstag, 19. April

Neue Erkenntnisse zu Tics und Tourette 

©stock.adobe / deagreez

Tic-Störungen sind verschiedene neuropsychiatrische Erkrankungen, zu denen auch das Tourette-Syndrom zählt. Obwohl es bislang keine Therapie gibt, mit der sich eine Heilung erzielen lässt, kann die Krankheit mit verschiedenen Maßnahmen unter Kontrolle gebracht werden. Sie schreien Schimpfwörter aus, ahmen Tiergeräusche nach oder zucken unkontrolliert mit dem Kopf – Menschen mit Tourette-Syndrom haben oft große Probleme damit, ihre Tics zu unterdrücken.

Unterschieden wird dabei zwischen motorischen Tics wie Augenzwinkern, Grimassieren oder Mundaufreißen und vokalen Tics wie Räuspern, Pfeifen oder Fluchen. Die Art, Frequenz und Ausprägung der Symptomatik können dabei über die Zeit sowie situationsbedingt stark variieren. Beim Tourette-Syndrom handelt es sich um eine spezielle Form der Tic-Störung, die mit mindestens zwei motorischen Tics und einem vokalen Tic einhergeht und über mehr als ein Jahr bestehen bleibt. In der Regel treten die Symptome des Tourette-Syndroms erstmals in der Kindheit, bereits vor dem 18. Lebensjahr auf. Die meisten Betroffenen leiden daneben an mindestens einer weiteren Erkrankung wie einer Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS), einer Zwangsstörung, einer Affektiven Störung oder einer Angststörung. 

Fortschritte in der Forschung

Die Ursachen des Tourette-Syndroms und anderer Tic-Störungen konnten noch nicht gänzlich aufgeklärt werden. Man geht aber von einer neuronalen Störung im Rahmen der Gehirnentwicklung aus, die durch genetische Faktoren sowie Umweltbedingungen (z. B. Sauerstoffmangel bei der Geburt) beeinflusst wird. Nach Ausbruch der Corona-Pandemie haben Forschende einen drastischen Anstieg von sogenannten „funktionellen Tic-ähnlichen Beschwerden“ festgestellt. Dabei handelt es sich um variable und komplexe Handlungen oder Lautäußerungen, die im Gegensatz zum Tourette-Syndrom erst nach der Pubertät beginnen und in der Regel ausschließlich in der Öffentlichkeit auftreten. Beispiele sind „auf den Tisch hauen“, „anderen ins Essen greifen“ oder „sich selbst auf den Oberkörper schlagen“. „Nach der Pandemie haben nicht nur in Deutschland, sondern weltweit die Zahl der Tic-ähnlichen Störungen drastisch zugenommen“, erklärt Prof. Christian Beste vom Universitätsklinikum Dresden. „Da die Diagnosestellung häufig nicht einfach ist, haben wir in den letzten Jahren dazu intensiv geforscht, um den Menschen zu helfen“, so PD Anne Weißbach von der Universität zu Lübeck und dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH). „Klinische Untersuchungen haben gezeigt, dass funktionelle Tic-ähnliche Störungen vom Tourette-Syndrom unterschieden werden können. Hierzu gibt es mittlerweile auch international einen Konsens“, ergänzt Prof. Alexander Münchau von der Universität zu Lübeck und dem UKSH. Münchau ist Mitbegründer der „Agentur für Überschüsse“, die in einem Video erklärt, wie sich das Tourette-Syndrom und Tic-ähnliche Störungen voneinander unterscheiden. Das Video „Nicht alles was zuckt, ist Tourette“ ist abrufbar über https://ueberschuesse.net/de/projekte. 

Behandlungsoptionen

Die Psychoedukation, also die ausführliche Aufklärung und Beratung der Betroffenen und aller Beteiligten (z. B. Familie, Lehrer, Schulbegleiter), bildet die Grundlage der Behandlung von Tic-Störungen. Dabei werden unter anderem Strategien zur Krankheitsbewältigung ausgearbeitet. In manchen Fällen reicht dies bereits aus, um den Betroffenen ein so gut wie normales Leben zu ermöglichen. Führt diese Maßnahme nicht zum gewünschten Erfolg, kann eine psychotherapeutische Behandlung und/oder die Gabe von Medikamenten erwogen werden. Zu den medikamentösen Therapieoptionen gehören unter anderem die klassischen Antipsychotika Halperidol und Pimozid, die atypischen Antipsychotika Risperidon und Aripiprazol sowie die Benzamide Tiaprid und Sulpirid. Alternativ können als sogenannte „Reservemedikamente“ der Dopaminspeicher-Entleerer Tetrabenazin, das Antiepileptikum Topiramat oder Tetrahydrocannabinol eingesetzt werden. Sofern die Tics auf Muskeln beschränkt sind, die von außen gut zugänglich sind, können in manchen Fällen außerdem Botulinum-Toxin-Injektionen in Betracht gezogen werden. Clonidin, Guanfacin und Atomoxetin sind weitere Behandlungsoptionen bei gleichzeitig bestehender ADHS. 

Ergänzend hierzu haben sich nicht-medikamentöse Therapieformen als sinnvoll erwiesen, darunter zum Beispiel die progressive Muskelentspannung nach Jakobsen. In bestimmten Fällen kommt darüber hinaus eine Tiefe Hirnstimulation in Frage.

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