Salz – für viele die Würze des Lebens. Doch wer seinem Immunsystem Gutes tun möchte, verzichtet auf zu viel davon: Wie eine aktuelle Studie unter Federführung des Universitätsklinikums Bonn zeigt, verlaufen Infekte deutlich schwerwiegender, wenn täglich zusätzlich sechs Gramm Salz zu sich genommen werden. So viel steckt in etwa in zwei Fast-Food-Mahlzeiten, so die Wissenschaftler.
In Deutschland wird mehr Salz verzehrt
Fünf Gramm pro Tag, nicht mehr: So viel Salz empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Erwachsenen pro Tag. Die Menge entspricht etwa einem Teelöffel. Die Realität sieht anders aus, zumindest nach den Daten des Robert Koch-Instituts (RKI). In einer Studie wurde die Natriumausscheidung bei knapp 7.000 Teilnehmern gemessen. Die tägliche Salzaufnahme liegt demnach bei Frauen durchschnittlich bei 8,4 Gramm und bei Männern bei zehn Gramm. 50 Prozent der Männer und 38,5 Prozent der Frauen nehmen sogar täglich mehr als zehn Gramm Salz auf.
Zu viel Salz steigert den Blutdruck
Damit greifen wir erheblich ausgiebiger zum Salzstreuer, als uns gut tun dürfte. Denn Natriumchlorid, so der chemische Name, steigert laut Studien den Blutdruck und erhöht so das Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall. Doch nicht nur das: „Wir konnten nun erstmals nachweisen, dass eine übermäßige Salzzufuhr auch einen wichtigen Arm des Immunsystems schwächt“, erklärt Prof. Dr. Christian Kurts vom Institut für Experimentelle Immunologie der Universität Bonn.
Überraschendes Ergebnis
Das Ergebnis hat das Forscherteam überrascht, weil manche Studien in die entgegengesetzte Richtung wiesen. So heilten Infektionen mit bestimmten Hautparasiten in Versuchstieren deutlich schneller aus, wenn diese eine salzreiche Kost zu sich nehmen: Die Makrophagen seien im Zusammenhang mit Salz besonders aktiv. Makrophagen sind Immunzellen, die Parasiten attackieren, fressen und verdauen, auch bekannt als Fresszellen. Daraufhin hätten manche Mediziner geschlossen, dass Natriumchlorid immunfördernd wirke.
Haut ist Salzspeicher des Körpers
Laut Erstautorin gibt es zwei Gründe, warum diese Schlussfolgerung nicht stimme: Zum einen hält der Körper die Salzkonzentration im Blut und in den verschiedenen Organen weitgehend konstant. Ansonsten würden wichtige biologische Prozesse nicht funktionieren. Die einzige große Ausnahme ist die Haut: Sie fungiert als Salzspeicher des Körpers. Daher wirkt die zusätzliche Zufuhr von Natriumchlorid bei manchen Hauterkrankungen so gut.
Nieren haben Salz-Sensor
An anderen Stellen im Körper kommt das zusätzlich mit der Nahrung aufgenommene Salz aber gar nicht an. Stattdessen wird es von den Nieren herausgefiltert und über den Urin ausgeschieden. Und hier kommt der zweite Mechanismus ins Spiel: Die Nieren verfügen über einen Natriumchlorid-Sensor, der die Salz-Ausscheidefunktion aktiviert. Als unerwünschte Nebenwirkung sorgt dieser Sensor allerdings auch dafür, dass sich im Körper so genannte Glukokortikoide anhäufen. Und die wiederum hemmen die Funktion der Granulozyten, des häufigsten Immunzelltyps im Blut.
Salz hemmt die Fresszellen
Granulozyten zählen wie die Makrophagen zu den Fresszellen. Sie attackieren aber keine Parasiten, sondern vor allem Bakterien. Wenn sie das nicht in ausreichendem Maße tun, verlaufen Infektionen weitaus heftiger. „Das konnten wir in Mäusen mit einer Listerien-Infektion zeigen“, erklärt Dr. Jobin. „Einige von ihnen hatten wir zuvor auf eine salzreiche Kost gesetzt. In Milz und Leber dieser Tiere zählten wir eine 100- bis 1.000-fache Menge der krankmachenden Keime.“ Listerien sind Bakterien, die zum Beispiel in verunreinigten Lebensmitteln vorkommen und Fieber, Erbrechen und Blutvergiftungen auslösen können. Auch Harnwegsinfekte heilten bei salzreich ernährten Versuchsmäusen erheblich langsamer ab.
Immunsystem wird bei salzreicher Ernährung schlechter mit Bakterien fertig
Auf das Immunsystem von Menschen scheint sich Natriumchlorid ebenfalls negativ auszuwirken. „Wir haben Freiwillige untersucht, die täglich sechs Gramm Salz zusätzlich zu sich nahmen“, sagt Prof. Kurts. „Das entspricht etwa der Menge, die in zwei Fastfood-Mahlzeiten enthalten ist – also zwei Burgern und zwei Portionen Pommes frites.“ Nach einer Woche entnahmen die Wissenschaftler ihren Probanden Blut und untersuchten die Granulozyten. Die Immunzellen wurden deutlich schlechter mit Bakterien fertig, nachdem die Versuchspersonen begonnen hatten, sich salzreich zu ernähren.
Komplexer Regelkreis aufgedeckt
Bei menschlichen Probanden führte die überreichliche Salzzufuhr zudem auch zu erhöhten Glukokortikoid-Spiegeln. Dass dies das Immunsystem hemmt, ist nicht überraschend: Das bekannteste Glukokortikoid Kortison wird traditionell eingesetzt, um Entzündungen zu unterdrücken. „Erst durch Untersuchungen in einem ganzen Organismus konnten wir die komplexen Regelkreise aufdecken, die von der Salzaufnahme zu dieser Immunschwächung führen“, betont Kurts. „Damit zeigt unsere Arbeit auch die Grenzen reiner Zellkultur-Versuche auf.“
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