Er hat nicht nur schon Millionen von Menschen zum Lachen gebracht, er lacht auch selbst von Herzen gern und bei jeder Gelegenheit: der Humorist und Entertainer Jürgen von der Lippe. Wer also ist besser geeignet als er, um sich anlässlich des Weltlachtags am 6. Mai über das Lachen zu unterhalten.
Herr von der Lippe, wie oft haben Sie heute schon gelacht?
Jürgen von der Lippe: Oh, schwer zu sagen. Bis jetzt vielleicht 20, 30 Mal. Warum fragen Sie?
Weil Studien ergeben haben, dass Kinder etwa 400 Mal am Tag lachen, Erwachsene dagegen nur 15 Mal. Sie liegen also über dem Durchschnitt.
Das erzählt Eckart von Hirschhausen immer. Ich bin demnach eher kindlich, lache gern und bei jeder Gelegenheit. Und der Tag ist ja noch nicht zu Ende (Anm. der Redaktion: Wir führten das Interview um 19:00 Uhr). Ich habe jetzt gleich eine zweieinhalbstündige Lesung, bei der ich auch viel lachen werde, und dann klingt der Tag sanft aus. Also ich komme bestimmt auf 150 Lacher am Tag. Das ist ja eine Menge.
Ist es nicht schade, dass viele von uns das Lachen im Laufe der Jahre verlernen?
Ich weiß nicht, ob das wirklich so ist, und man kann es nur schlecht nachprüfen. Wer zählt denn schon mit, wie oft er am Tag lacht? Ich glaube, die vernünftigste Frage ist: Lachen Sie gerne? Und wenn dann jemand sagt: „Och, eigentlich nicht“, dann ist da wenig zu machen. Das ist eine Frage des Naturells oder der Veranlagung. Kennen Sie solche Menschen? Ja, sicher. Die tun mir auch von Herzen leid. Denn wie man weiß, erhöht Lachen nicht nur die Lebensfreude, sondern hat auch jede Menge segensreiche Auswirkungen auf die verschiedensten gesundheitlichen Belange.
Ich würde gerne noch einmal auf die eingangs zitierte Studie zurückkommen, diese Diskrepanz zwischen Kindern und Erwachsenen. Da fragt man sich schon: Was passiert da im Laufe der Jahre? Kommt einem der Ernst des Lebens dazwischen?
Ich glaube, das liegt auf der Hand. Ein Kind ist einfach auf Glück programmiert, auf Wohlbefinden, auf Neugier. Lachen gehört dazu. Kinder weinen aber auch viel. Sie schwanken am Anfang des Lebens ständig zwischen Lachen und Weinen als den hauptsächlichen Äußerungsformen. Deshalb ist es nicht ganz fair, diese kindliche Situation in Relation zu einem Erwachsenen mit all seinen Sorgen und Nöten zu stellen. Und es kommt etwas Wichtiges hinzu: Wenn jemand einen sehr fordernden Beruf hat, der nicht komisch ist oder wenig komische Momente bereithält, aber die volle Konzentration erfordert, dann wird er auch nicht viel zu lachen haben.
Kann man Lachen Ihrer Meinung nach lernen oder wiederlernen?
Ja, möglicherweise. Aber wie gesagt: Ob einer gerne lacht oder nicht, ist ganz wesentlich eine Frage des Naturells. Vielleicht muss man selbst aktiv Gelegenheiten suchen zu lachen. Etwa indem man lustige Filme ansieht oder die Show von Jürgen von der Lippe besucht. Wäre es nicht gut, solche Chancen öfter zu ergreifen? Ja, absolut einverstanden. Ich bin natürlich durch meinen Beruf sowieso darauf geeicht, schon zu vergleichenden Zwecken jedes denkbare komische Ereignis auch als Konsument zu genießen. Zum Ersten, weil es mir Freude macht, zum Zweiten, weil ich vielleicht etwas lernen kann, und zum Dritten, weil ich dann vielleicht etwas kritisieren kann – das tut ja auch gut.
Bei den Auftritten eines Komikers oder Humoristen wie mir kommt noch etwas hinzu: Das ist die es Gemeinschaftserlebnis. Das kann mir der Fernseher, das kann mir auch das Buch nicht bieten. Das gemeinsame Erleben eines kulturellen Ereignisses ist etwas Einmaliges. Ich würde es das Einverständnis der Empfindungen nennen. Die Herzen der Menschen schlagen für diese zwei Stunden mehr oder weniger im Gleichklang. Und das ist etwas Wunderschönes. Das geht über das, was auf der Bühne stattfindet, hinaus. Und deshalb wird die Bühne auch nie sterben: Kein elektronisches Medium kann das simulieren. Man muss ja die Leute nur sehen, wenn sie ausdem Kino oder einer Veranstaltung kommen. Sie lächeln, sie erzählen es sich noch mal…
Herr von der Lippe, wäre die Erde ein besserer Ort, wenn die Menschen und vor allem auch die Mächtigen mehr lachen würden?
Die Mächtigen gehören nach meiner Beobachtung eher zu denjenigen Menschen, die aufgrund ihrer Veranlagung nicht so gerne lachen. Ich glaube, dass jemand, der leidenschaftlich gerne lacht, dieses Gen, dieses Machtstreben, diesen unbedingten Wunsch, andere Menschen zu beherrschen, einfach nicht hat. Für die Leitung eines Unternehmens oder auch eines Staates braucht es das aber. Oder nennen Sie es freundlicher den Gestaltungsdrang. Es braucht auch ein gewisses Maß an Aggression, um etwas zu erreichen. Jemand, der den ganzen Tag auf dem Sofa sitzt und lacht, der wird weder ein tüchtiger Bauer noch ein Klempner, Manager oder Politiker.
Herr von der Lippe, vielen Dank für das schöne Interview!
Buchtipp
Jürgen von der Lippe: Der König der Tiere. Geschichten und Glossen. Knaus.Verlag, 224 Seiten, 16,99 Euro
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