Mittwoch, 11. Dezember

Neurologie

Wenn oxidativer Stress auf anormale Proteine trifft

Er gilt als Schüttelkrankheit – Morbus Parkinson. Salvador Dalí, Muhammad Ali, Papst Johannes Paul II. – sie alle hatten Parkinson. 4,1 Millionen Menschen sind weltweit davon betroffen, in Deutschland sind es zwischen 250.000 und 280.000. Forscher des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE) kamen jetzt in einer Laborstudie zu dem Ergebnis: Bei Parkinson verbreiten sich anomale Proteine im Gehirn. Oxidativer Stress könnte dabei eine treibende Kraft sein.

Über Parkinson

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Er ist eine langsam fortschreitende, degenerative Erkrankung des Nervensystems und des Gehirns. Dadurch entstehen sowohl motorische als auch nicht-motorische Symptome – mögliche Auswirkungen reichen von Muskelzittern und verlangsamte Bewegungsabläufe bis hin zu Schlafstörungen und Depressionen. Schaut man sich eine Nervenzelle eines Parkinson-Patienten unter dem Mikroskop an, sieht man in ihrem Inneren ungewöhnliche Ablagerungen. Sie entstehen dadurch, dass sich ein Protein namens Alpha-Synuclein anhäuft.

Über Alpha-Synuclein

Wenn der Morbus Parkinson fortschreitet, tauchen die Alpha-Synuclein-Ablagerung nach und nach in verschiedenen Hirnregionen auf und tragen damit dazu bei, dass der Schweregrad der Krankheit zunimmt. Warum das so ist laut DZNE bisher wenig verstanden.

Studienergebnisse

Die DZNE-Wissenschaftler kamen nun zu dem Ergebnis, dass oxidativer Stress eine wesentliche Rolle spielen könnte, wenn sich das Protein krankhaft vermehrt. Dass die übermäßige und unkontrollierte Produktion aggressiver Sauerstoffverbindungen mit Parkinson in Zusammenhang steht, sei schon lange bekannt gewesen, aber der Mechanismus nicht. Die Forscher entdeckten nun, dass bei oxidativem Stress das Alpha-Synuclein vermehrt von Nervenzelle zu Nervenzelle übertragen wird. Die Ursachen dafür sind zwar nach eigenen Angaben noch nicht völlig verstanden, aber: Unter besagtem Stress entstehen anormale Varianten des Proteins, die sich ansammeln. Diese ungewöhnlichen Arten wiederum sind chemisch modifiziert und scheinen besonders mobil zu sein – mit der Tendenz, sich von Nervenzelle zu Nervenzelle auszubreiten.

Alpha-Synuclein und oxidativer Stress können einen Teufelskreis auslösen

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„Unsere Ergebnisse unterstützen die Hypothese, dass eine erhöhte Belastung mit Alpha-Synuclein und oxidativer Stress einen Teufelskreis hervorrufen können“, so Prof. Donato Di Monte, Arbeitsgruppenleiter am DZNE und Leiter der aktuellen Studie. „Oxidativer Stress könnte die Entstehung von Alpha-Synuclein-Aggregaten fördern, die wiederum oxidativen Stress verstärken. Wenn sich dieser toxische Vorgang von Nervenzelle zu Nervenzelle ausbreitet, könnte er immer mehr Hirnregionen erfassen und so zur Krankheitsentwicklung und zum Verlust von Nervenzellen beitragen.“ Für den Studienleiter haben die Forschungsergebnisse eine hohe Bedeutung. Denn: „Solche Proteine könnten Ansatzpunkte für Behandlungsmaßnahmen sein, die die Krankheitsentwicklung im frühen Stadium verhindern und/oder dem Fortschreiten der Pathologie in späteren Krankheitsstadien entgegenwirken könnten.“

Über oxidativen Stress

Schwirren im Körper zu viele freie Radikale umher, die nicht entsprechend neutralisiert werden können, entsteht oxidativer Stress. Bei freien Radikalen handelt es sich um Sauerstoffverbindungen. Sie sind instabil, weil ihnen sozusagen ein Elektron fehlt. Reagieren sie dann mit einer anderen Verbindung, schnappen sie sich das Teilchen, das zu wenig war. Diese Reaktion wird Oxidation genannt, an ihr sind die oxidativ wirksamen Moleküle beteiligt. Der Gegenspieler um ein „Zuviel“ aufzuheben, sind die antioxidativ wirksamen Moleküle, sprich Antioxidantien. Solange die Oxidantien nicht in einer zu hohen Konzentration im Körper vorhanden sind, führen sie zu keinen gesundheitlichen Problemen. Denn die freien Radikalen bildet der Körper bei vielen Prozessen selbst und haben den Ruf, vor Krankheitserregern zu schützen. Solange sie keinen Überhang haben. Dann kommt es zu oxidativem Stress.

Laut Robert Koch-Institut wird er mit verschiedenen Krankheiten assoziiert, zum Beispiel: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, neurodegenerativen Krankheitsbildern, Diabetes mellitus, Erkrankungen des Verdauungstrakts und der Lunge.

Faktoren, die oxidativen Stress beeinflussen

Dazu gehören laut RKI unter anderem:

  • Umwelteinflüsse wie UV- und Röntgen-Strahlung, Luftverschmutzung (Ozon, Feinstaub)
  • Rauchen
  • Alkohol
  • Entzündungen
  • Bestimmte Medikamente
  • Körperliche Aktivität (im übertriebenen Maße)

Ernährung

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät übrigens dazu, das Risiko für oxidativen Stress durch eine vollwertige Ernährung mit mehr Gemüse, Obst und Vollkornprodukten, fettarmen Varianten von Milch und Milchprodukten, weniger Fleisch sowie Fleischwaren und wenig

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Alkohol zu reduzieren. Konkret empfiehlt die DGE:

  • fünf Portionen Gemüse und Obst, mindestens 650 g täglich
  • reichlich Vollkornprodukte
  • ein- bis zweimal in der Woche Fisch
  • 300-600 g Fleisch und Wurst pro Woche. Fettarme Produkte, vor allem bei Fleischerzeugnissen und Milchprodukten seien zu bevorzugen
  • lieber pflanzliche Öle und Fette statt tierischer Fette (insgesamt 60-80 g Fett pro Tag)
  • Zucker und Lebensmittel bzw. Getränke, die mit verschiedenen Zuckerarten wie Glucosesirup hergestellt wurden, sollten nur gelegentlich verzehrt werden.

Diese DGE-Tipps beziehen sich allerdings auf die Prävention von Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen mit der Empfehlung zur Reduktion des Risikos für oxidativen Stress.

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