Freitag, 22. November

Pflegende Angehörige brauchen mehr Unterstützung

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Rund 3,4 Millionen Menschen sind deutschlandweit pflegebedürftig – bei steigender Tendenz. Das Gros lebt zuhause und wird von pflegenden Angehörigen unterstützt. Wissenschaftler warnen schon lange davor, dass diese Pflegesituation für Angehörige sehr belastend ist, dass sich diese allein gelassen fühlen und dass häufig die eigenen Bedürfnisse zu kurz kommen. Die Tatsache, dass es durchaus Unterstützung gibt, ist noch viel zu wenig bekannt. Dieser Beitrag möchte daran mitwirken, das zu ändern.

Würdevoll alt werden

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Der Wunsch nach einem langen Leben ist so alt wie die Menschheit selbst – im Vergleich zu früheren Generationen erfüllt sich dieser Wunsch immer häufiger, sind immer mehr Menschen hoch betagt. Die Kehrseite der Medaille des Älterwerdens ist, dass trotz medizinischer Fortschritte bei der Versorgung altersbedingter Leiden immer Menschen Pflege brauchen oder doch zumindest mehr Unterstützung im Alter. In sieben von zehn Fällen sind es Angehörige oder das private Umfeld, die hier einspringen und die ambulante Versorgung übernehmen. Ohne Übertreibung lässt sich sagen: Die Familie ist der größte Pflegedienst des Landes. Ohne die Arbeit pflegender Familienangehöriger wäre der schon jetzt im stationären Bereich augenfällige Mangel an Pflegekräften noch viel größer und die grundsätzliche Versorgung aller pflegebedürftigen Menschen nicht zu leisten. So sehr die häusliche Pflege zentraler Bestandteil der Pflegeversorgung ist, so drängend ist aber auch die Frage, wie die Pflegenden auch weiterhin ein selbstbestimmtes Leben führen können.

Was brauchen Angehörige?

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Der Frage, was pflegende Angehörige wirklich brauchen, ist eine Studie der Uni Witten/Herdecke nachgegangen: Dort wurden ab November vergangenen Jahres sechs Monate lang mehr als 1.400 pflegende Angehörige einbezogen. Eine Befragung, die besorgniserregende Erkenntnisse brachte. Zwei Drittel der Befragten berichten von einer hohen Gesamtbelastung durch die Angehörigenpflege. Etwa die Hälfte leidet darunter körperlich, mehr als 70 Prozent der Befragten sind stark bis sehr stark emotional belastet. „Einige Menschen haben nicht nur den Fragebogen ausgefüllt, sondern uns auch angerufen und erzählt, wie allein gelassen sie sich mit ihren Sorgen und Anliegen fühlen“ berichtet die Studienleiterin Prof. Dr. Sabine Bohnet-Joschko.

Konkrete Wünsche

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Pflegende Angehörige erhoffen sich einerseits, in der Bewältigung der Pflegesituation im engeren Sinne konkret unterstützt zu werden. Sie wünschen sich aber auch Informationen und Beratung zum Erhalt der eigenen Gesundheit, zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege, zur finanziellen Absicherung sowie zum Austausch mit anderen informell Pflegenden und zu Möglichkeiten einer Auszeit von der Pflege. Die Studie hat gezeigt, dass Informations- und Beratungsangebote sowohl zur Pflegesituation wie auch zu eigenen Bedürfnissen nur teilweise bekannt sind. „Hier sehen wir Handlungsbedarf“, sagt Professorin Bohnet-Joschko. Zahlreiche pflegende Angehörigen kennen beispielsweise die sogenannte „Verhinderungspflege“ nicht: Sie springt bei Krankheit der Pflegeperson oder wenn diese eine Auszeit braucht – dann kann Ersatzpflege in Anspruch genommen werden. Diese Ersatzpflege kann jemand aus der Familie, dem Bekanntenkreis oder der Nachbarschaft übernehmen – aber auch ein ambulanter Pflegedienst. Oder aber der pflegebedürftige Angehörige verbringt diese Zeit in einem Pflegeheim. Die Kosten für die Verhinderungspflege werden bis zu 1.612 Euro und für maximal sechs Wochen durch die Pflegeversicherung (ab Pflegegrad 2) übernommen.

Kostenlose Pflegeberatung

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Es gibt viele weitere Maßnahmen und Angebote, die sicherstellen sollen, dass die pflegenden Angehörigen entlastet werden. Das wichtigste Instrument in diesem Zusammenhang ist die Pflegeberatung. Pflegebedürftige und ihre Angehörige haben einen gesetzlich verankerten Anspruch auf eine kostenlose professionelle Pflegeberatung: Sie soll pflegebedürftige Menschen und deren Angehörigen dabei zu unterstützen, selbstbestimmt über die Pflege zu entscheiden, bei deren Organisation helfen und Gesundheitsproblemen bei Pflegebedürftigen und Angehörigen vorbeugen.

Umfangreiche Datenbank

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Auf der Suche nach einer guten Beratungsstelle bietet seit kurzem die Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) eine frei zugängliche und werbefreie Datenbank mit mehr als 4.500 nicht kommerziellen Beratungsangeboten rund um die Pflege. Unter dem Link www.zqp.de/beratung-pflege lässt sich gezielt nach lokalen Beratungsstellen suchen. Die Datenbank wird kontinuierlich aktualisiert und richtet sich vor allem an pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige.

Darüber hinaus finden sich dort viele weitere Informationen zur Pflegeberatung: Im „ZQP-Einblick“ wird kurz und bündig erklärt, was eine gute und professionelle Beratung ausmacht und was man von den Angeboten erwarten kann. Weitere Datenbanken helfen bei der Suche nach Pflegeanbietern oder nach Angeboten der Palliativ-Versorgung. Im Weiteren finden sich dort noch weitere Informationen über rechtliche Aspekte und finanzielle Fragen bis hin zu ganz praktischen Tipps wie dem Umgang mit dem Rollator oder zur Mund- und Körperpflege.

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