In der Ernährungsberatung gehört er zu den Säulen der Zunft, der Hinweis auf ein gutes und gesundes Frühstück als perfekte Basis für den Start in den Tag. Fast jeder kennt den von Generation zu Generation weitergereichten Spruch „Frühstück wie ein Kaiser, Mittagessen wie ein König und Abendessen wie ein Bettelmann“, der auf dieser scheinbar festgefügten Weisheit aufbaut. Aktuell nähren zwei wissenschaftliche Ausarbeitungen jedoch Zweifel an der Aussage, dass ein gutes Frühstück die Basis für einen gelungen Tag ist.
Ohne Frühstück schlanker
In einem Beitrag für die Ärzte-Zeitung verweist Professor Dr. Stephan Martin, Chefarzt für Diabetologie und Direktor des Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrums in Düsseldorf, auf die Ergebnisse australischer und US-amerikanischer Forscher. Die Australier hatten in einer Meta-Analyse unter Berücksichtigung von 13 Studien untersucht, welchen Einfluss der Verzicht auf das Frühstück auf Gewicht und Kalorienaufnahme hat. Dabei kam heraus: Diejenigen, die ohne Frühstück in den Tag starteten, hatten im Sieben-Wochen-Schnitt eine um 440 Gramm günstigere Gewichts-Entwicklung und nahmen am Tag rund 260 kcal weniger auf als Angehörige der Vergleichsgruppe mit Frühstück.
Frühstück verschärft Gewichtsproblem
Ähnliche Ergebnisse lieferte eine US-Studie an 16 Schulen, durchgeführt in Stadtvierteln Philadelphias mit niedrigem Sozialstatus: Hier erhielt eine Studiengruppe aus 639 Schülern im Klassenraum ein Frühstück inklusive einer speziellen, auf diese Mahlzeit bezogene Ernährungsberatung. Die Kontrollgruppe aus 723 Schülern konnte in der Cafeteria frühstücken und erhielt eine allgemeine Ernährungsberatung. Nach zweieinhalb Jahren wurde das Fazit gezogen, dass in der Studiengruppe mehr als die Hälfte der Schüler das Frühstücksangebot nutzten, in der Kontrollgruppe nur jeder Vierte. Die Wissenschaftler schauten in beiden Gruppen noch genauer hin: Bezogen auf krankhaftes Übergewicht gab es in der Studiengruppe sowohl bei der Anzahl an Neuerkrankungen als auch hinsichtlich des Anteils adipöser Kinder deutliche Auffälligkeiten gegenüber der Kontrollgruppe. „Die Daten zeigen somit, dass bereits übergewichtige Kinder mit Frühstücken ihre tägliche Nahrungsaufnahme nicht reduzieren. Im Gegenteil: Frühstücken verschärft das Gewichtsproblem sogar noch“, erklärte der Düsseldorfer Experte gegenüber der Ärzte-Zeitung.
Frühstück als Risikofaktor für Diabetes Typ 2?
Eine Aussage, die auch der britische Biochemiker Professor Terence Kealay teilt: In seinem Ende 2016 erschienenen 352-Seiten-Buch „Breakfast is a Dangerous Meal“ (zu deutsch: Frühstück ist eine gefährliche Mahlzeit) kommt er zum Ergebnis, frühe Mahlzeit führe oft zu Übergewicht. Sie sei darüber hinaus schädlich für den Körper, da sie den Blutzuckerspiegel übermäßig in die Höhe treibe – mit der Folge, dass, wenn dies regelmäßig geschehe, Körperzellen eine Insulin-Resistenz entwickelten und die gilt als Auslöser für Diabetes Typ 2.
Ägyptisches Morgenmahl und römische Breifresser
Übrigens: Erste Nachweise für menschliches Frühstück fanden Forscher bereits am Nil. Vor mehr als 2500 Jahren aßen Ägypter bereits drei Mahlzeiten und morgens offenbar Gebäck, Obst oder Mandeln, dazu gab es Bier oder Wein. In der „Odyssee“ von Homer ist nachzulesen, dass römische Soldaten bei Sonnenaufgang Brei aus Dinkel oder Gerste gegessen hätten, was ihnen den wenig schmeichelnden Titel „Breifresser“ eintrug.
Je nach Land wird anders gefrühstückt
Im Laufe der Zeit haben sich landestypische Frühstücksgewohnheiten entwickelt: In Frankreich, Italien oder Spanien fällt die erste Tagesmahlzeit eher übersichtlich aus – oft gesellt sich zum Kaffee nur ein Gebäckteilchen. In Japan beispielsweise kommt morgens gerne eine Miso-Suppe auf den Tisch – dabei wird eine würzige Paste aus Sojabohnen und unterschiedlichen Getreidesorten mit einer Fischsuppe und Thunfisch verrührt: Aber auch Fisch als Hauptmahlzeit ist im Land des Lächelns am Morgen keine Seltenheit. In Nord-Amerika oder Kanada steht man mehr auf Süßes und startet mit Pfannkuchen (Pancakes) oder Waffeln mit Ahornsirup in den Tag. Eher deftig gerät der Start in den Tag in der Türkei: Am Bosporus gesellen sich zum Sesamkringel Schafskäse, Oliven, Gurken, Tomaten, Paprika oder Rührei.
DGE empfiehlt zumindest Kindern das Frühstück
Im Streit der Gelehrten über das Für und Wider des Frühstückens beschränkt sich die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) darauf, dieses zumindest für Kinder anzuraten: Vorzugsweise vollwertig vor dem Unterricht und ein zweites in der Schule – wer zuhause wenig oder gar nicht gefrühstückt hat, braucht in der Schule eine energiereichere Pausenverpflegung. Bei Erwachsenen geben die DGE-Experten keine konkrete Empfehlung, wieviele Mahlzeiten es denn nun am Tag wohl am besten sein sollen.
Bircher-Müsli statt Croissant
Wenn schon Frühstück, dann ein gesundes: Auf diese kurze Formel lässt sich das Ergebnis der präzisen Forschungen des Schweizer Ernährungswissenschaftlers David Fäh verdichten: Statt Croissant oder Donut rät er zum Bircher-Müsli – also über Nacht eingeweichte Haferflocken, die morgens mit Zitronensaft, Milch und einem geriebenen Apfel vermischt werden, und als Ergänzung ein gekochtes Ei. Die Haferflocken liefern Kohlenhydrate, die der Körper nur langsam aufschlüsseln kann: Gemeinsam mit dem Eiweiß aus dem Hühnerstall halte diese Mischung bis zu fünf Stunden satt und sei darüber hinaus gesund – ganz im Gegensatz zu vielen, oft überzuckerten Fertigmüslis.
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