Donnerstag, 28. März

Neues aus der Wissenschaft

Corona: Auf die Luftfeuchtigkeit achten

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Mindestens 40 Prozent – so hoch sollte die Luftfeuchtigkeit in öffentlichen Gebäuden, in Großraumbüros, im Bus, Krankenhaus oder bei der Chorprobe sein. Also überall dort, wo viele Menschen in geschlossenen Räumen aufeinandertreffen. Diese Empfehlung spricht ein indisch-deutsches Forscherteam aus. Denn: Die Luftfeuchtigkeit beeinflusst offenbar stark, sie sehr sich das neuartige Coronavirus über Aerosole in Innenräumen ausbreitet.

Höhere Luftfeuchtigkeit, weniger Verbreitung

Zu dem Ergebnis kommen Forschende des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (TROPOS) in Leipzig und des CSIR-National Physical Laboratory in New Delhi. „In der Aerosolforschung ist bereits lange bekannt, dass die Luftfeuchtigkeit eine große Rolle spielt: Je feuchter die Luft ist, umso mehr Wasser haftet an den Partikeln und umso schneller können sie wachsen. Wir waren daher neugierig: was gibt es bereits an Studien dazu?“, erklärt Dr. Ajit Ahlawat vom TROPOS. Deshalb haben die Forscher zehn internationale Studien zum Thema analysiert. Daraufhin raten die Wissenschaftler: Neben den bisher üblichen Maßnahmen wie Abstand und Masken auch die Raumluft kontrollieren. Eine relative Feuchte von 40 bis 60 Prozent könne die Verbreitung der Viren und die Aufnahme über die Nasenschleimhaut reduzieren.

Erkenntnisse wichtig für den Winter

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Das Team ist überzeugt: Die neuen Erkenntnisse sind besonders für die kommende Wintersaison von Bedeutung, wenn sich auf der Nordhalbkugel Millionen Menschen in beheizten Räumen aufhalten werden. „Das Erwärmen der Frischluft sorgt auch dafür, dass diese trocknet. In kalten und gemäßigten Klimazonen herrscht daher in Innenräumen während der Heizsaison meist ein sehr trockenes Raumklima. Dies könnte die Ausbreitung der Coronaviren fördern“, warnt Prof. Alfred Wiedensohler vom TROPOS. „Eine Luftfeuchtigkeit von mindestens 40 Prozent in öffentlichen Gebäuden und im Nahverkehr würde daher nicht nur die Auswirkungen von COVID-19 reduzieren, sondern auch die von anderen Viruserkrankungen wie beispielsweise der saisonalen Grippe. Die Behörden sollten den Faktor Luftfeuchtigkeit in künftigen Richtlinien für Innenräume einarbeiten“, fordert Dr. Sumit Kumar Mishra vom CSIR – National Physical Laboratory in New Delhi.

Die Luftfeuchtigkeit im Blick behalten

Für Länder in kühlen Klimazonen empfehlen die Forscher eine Mindest-Luftfeuchtigkeit in Innenräumen. Länder in tropischen und heißen Klimazonen sollten dagegen darauf achten, dass Innenräume nicht durch Klimaanlagen extrem unterkühlt werden. Denn dann wird die Feuchtigkeit aus der Luft und den Partikeln entzogen. Dadurch fühlen sich die Menschen im Raum wohl, aber die trockenen Partikel bleiben jedoch auch länger in der Luft.

Höhere Luftfeuchtigkeit lässt Tröpfchen schneller zu Boden fallen

Bei höherer Luftfeuchte verändert sich die Oberfläche der Partikel stark: Es bildet sich eine Art Wasserblase – also ein Mini-Ökosystem mit chemischen Reaktionen. Das heißt, die Tröpfchen wachsen schneller, fallen früher zu Boden und können weniger von Gesunden eingeatmet werden.

So beeinflusst die Luftfeuchtigkeit die Ausbreitung der Coronaviren

Die Wissenschaftler entdeckten bei ihrer Analyse Folgendes: Die Luftfeuchtigkeit beeinflusst die Ausbreitung der Coronaviren in Innenräumen über drei Wege:

(a) das Verhalten der Mikroorganismen innerhalb der Viruströpfchen,
(b) das Überleben oder Inaktivierung des Virus auf Oberflächen und
(c) die Rolle der trockenen Innenraumluft bei der Übertragung von Viren über die Luft.

Niedrige Luftfeuchtigkeit lässt Coronaviren leichter fliegen

Niedrige Luftfeuchtigkeit lässt die Tröpfchen mit Viren zwar schneller austrocknen, aber die Überlebensfähigkeit der Viren scheint trotzdem noch hoch zu bleiben. Das Team schlussfolgert, dass andere Prozesse für die Infektion wichtiger sind: „Liegt die relative Luftfeuchtigkeit der Raumluft unter 40 Prozent, dann nehmen die von Infizierten ausgestoßenen Partikel weniger Wasser auf, bleiben leichter, fliegen weiter durch den Raum und werden eher von Gesunden eingeatmet. Außerdem werden bei trockener Luft auch die Nasenschleimhäute in unseren Nasen trockner und durchlässiger für Viren“, fasst Ajit Ahlawat zusammen.

Weitergabe von Mensch zu Mensch

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Momentan wird weltweit nach Wegen gesucht, die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Als Hauptübertragungsweg für das Virus galt lange der direkte Kontakt von Mensch zu Mensch: Wenn Infizierte durch Niesen oder Husten Sekret mit Viren abgeben und dieses von anderen Personen über die Nasenschleimhäute aufgenommen wird. Da diese Tropfen relativ groß und schwer sind, fallen sie relativ schnell zu Boden und können nur sehr kurze Strecken in der Luft zurücklegen. Die Empfehlung einen Mindestabstand von 1,5m bis 2m einzuhalten basiert auf dieser Annahme.

Ausbreitung trotz Sicherheitsabstand

In letzter Zeit wurden jedoch auch COVID-19-Ausbrüche registriert, die offenbar auf die gleichzeitige Anwesenheit vieler Personen in einem Raum zurückzugehen scheinen, zum Beispiel bei Chorproben und in Schlachtbetrieben. Ein Sicherheitsabstand von 1,5m reicht, so die Wissenschaftler, offenbar nicht aus, wenn sich Infizierte und Gesunde über längere Zeit gemeinsam in einem Raum aufhalten.

Tröpfchen können lange in der Luft schweben

So konnten niederländische Forschende beispielsweise inzwischen nachweisen, dass winzige Tropfen von 5 Mikrometer Durchmesser – wie sie beim Sprechen entstehen – bis zu 9 Minuten in der Luft schweben können.

Innenraumluft sollte bisherige Maßnahmen ergänzen

Aus Sicht der Forscher sollte der Innenraumluft mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, um künftige Krankheitsausbrüche zu vermeiden. Der Feuchtegehalt der Raumluft ist ein wichtiger Aspekt aber nicht der Einzige. Daneben kann frische Außenluft das Übertragungsrisiko senken. Und natürlich die bereits bekannten und praktizierten Maßnahmen: Abstand halten, möglichst wenig Personen pro Raumvolumen und Masken tragen. Das geringste Infektionsrisiko herrscht nach wie vor dort, wo keine Viren in der Luft sind.

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