Abwarten und Tee trinken – bei Rheuma keine gute Idee. Rheumatologen warnen: Mit jeder Woche, die bei Rheumatoider Arthritis (RA) ohne Therapie vergeht, verschlechtert sich die Prognose und das lebenslang. Darüber hinaus empfehlen die Experten, dem Kleinzehengrundgelenk mehr Beachtung zu schenken – viele wissen nicht, dass die RA klassischerweise dort beginnt. Überhaupt sollten Füße von Rheumapatienten von Anfang an konsequent mitbehandelt werden, da ihnen eine entscheidende Bedeutung für die Lebensqualität und die Beweglichkeit der Patienten zukommt.
Dauerhafte Linderung
Das wichtigste Behandlungsziel von Rheumapatienten ist seit jeher die sogenannte „Remission“, also das dauerhafte Nachlassen von Beschwerden. Für den neuen Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, Professor Hendrik Schulze-Koops, von der Münchener Uni-Klinik ist das jedoch Wunschdenken: Wichtiger sei es, Patienten anders als bisher zu behandeln – und das bedeute vor allem, die Zeit zwischen ersten Symptomen und Therapiebeginn möglichst kurz zu halten.
Hochsensibles Immunsystem
Den Zeitdruck diktiert das hochsensible Immunsystem. Professor Schulze-Koops erklärt, dass es für eine akute Infektion durchschnittlich neun Tage benötige – drei Tage Infektionsaktivität, drei Tage für die Beseitigung des Mikroorganismus und drei Tage bis zur Heilung. Bei der Autoimmunkrankheit RA hat das Immunsystem teils neun Monate Zeit, um sein vermeintlich pathologisches Ziel zu vernichten – das Bindegewebe. Denn so lange brauchen Patienten in Deutschland durchschnittlich, bis sie einen Rheumatologen sehen. Knorpel und Knochen, die in dieser Zeit zerstört sind, regenerieren nicht mehr.
Schlechte Aussichten
Für Professor Schulze-Koops zeigt eine Metaanalyse aus dem Jahre 2014: Eine Woche beträgt das Zeitfenster, um einen rheumatisch Erkrankten mit 99-prozentiger Chance in kortisonfreie Remission zu bringen. Jede Woche Therapieverzögerung reduziere die Wahrscheinlichkeit, bei einem Betroffenen jemals die spezifischen Krankheitssymptome zurückdrängen zu können, um einen Prozentpunkt. „Wenn in Deutschland RA-Patienten durchschnittlich 8,4 Monate, das sind 34 Wochen, benötigen, bis sie einen Termin beim Rheumatologen haben, sinkt also die statistische Wahrscheinlichkeit, jemals in Remission zu kommen, um ein Drittel“, so der Experte.
Dynamik der Zerstörung
Der Langzeitverlauf der Erkrankung ist also von den ersten Wochen nach Symptombeginn abhängig. Und daran wird kein einziger neuer Therapieansatz etwas ändern. Schulze-Koops: „Je später die Therapie einsetzt, desto größer ist die Dynamik der Zerstörung.“ Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie empfiehlt jetzt, dass, wenn bei Gelenkschwellungen innerhalb von sechs Wochen keine Diagnose gesichert ist, der Patient innerhalb von weiteren zwei Wochen einem Rheumatologen vorgestellt werden soll. Sonst sei das Ziel einer kompletten Beschwerdefreiheit nicht zu erreichen. Acht Wochen – das ist eine Aufgabe, der wir als Rheumatologen uns stellen müssen“, forderte Schulze-Koops.
Patienten früher in die Sprechstunde
Professor Schulze-Koops rief dazu auf, die rheumatologische Arthritissprechstunde noch früher und ihre Türen besonders für neue Patienten zu öffnen. Auch die Hausärzte seien nach den neuen Leitlinien aufgefordert, möglichst früh mit der Therapie zu beginnen. Dass die Frühdiagnostik von rheumatischen Erkrankungen für die Patienten von erheblicher Bedeutung ist, hat sich inzwischen herumgesprochen. Dazu gehört auch die regelmäßige Untersuchung des entkleideten Fußes.
Füße charakteristisch deformiert
Füße von RA-Patienten sind im fortgeschrittenen Stadium charakteristisch deformiert. Sie seien die „Visitenkarte der unteren Extremität“, erklärt der Unfallchirurg und Orthopäde Dr. Roger Scholz aus Oschatz, Tagungspräsident der Deutschen Gesellschaft für orthopädische Rheumatologie in Dresden. Wenn ein Rheumapatient eine Fußdeformation aufweise, seien ordentliche konservative Therapiemaßnahmen wie Schuhzurichtungen und Einlagenversorgung ebenso wichtig wie eine gute Medikamentenversorgung. Wichtige Behandlungsansätze seien dabei, Schmerzen zu lindern, die weitere Zerstörung einzugrenzen und Fehlbildungen zu vermeiden.
Unterstützung und Linderung
Stützende Einlagen wirken der Schwächung von Sehnen und Weichteilstrukturen entgegen, Absatzverbreitungen erhöhen die Stabilität. Schmerzhaft entzündete Sprunggelenke oder Zehengrundgelenke können mittels Injektionstherapie entlastet und lokal entzündungshemmend behandelt werden. An den Sehnen raten Experten von Kortison-Injektionen ab, weil diese die bereits angegriffenen Sehnen erheblich zusätzlich schädigen.
Wirksame Eigenbeobachtung
Nicht nur von medizinischer Seite bemängeln Experten mangelnde Aufmerksamkeit für Fußbeschwerden: Auch Patienten nehmen entsprechende Beschwerden Fachleuten zufolge nicht ernst und schieben Beeinträchtigungen gerne auf lange Fußmärsche und Ähnliches. Rheumatologen und Orthopäden warnen gleichermaßen: Wird nicht rechtzeitig gehandelt und sind dann schwere Deformitäten eingetreten, können diese allenfalls mit großem Aufwand operativ korrigiert werden. Bei kontrakten Verformungen helfen nur noch versteifende Operationen. Scholz rät daher, nicht auf die Fehlbildung zu warten.
Frühzeitig operieren
Im Zweifel raten die Experten dazu, schon in frühen Erkrankungsstadien operative Eingriffe zu erwägen: Wenn beispielsweise die Entzündung des Sehnengleitgewebes trotz medikamentöser und physikalischer Therapie nicht zurückgeht, kann die operative Entfernung des entzündlichen Gewebes dem Funktionsverlust der Sehne entgegenwirken. Scholz sagte, es gehe bei solchen Operationen „nicht im Geringsten“ um kosmetische Effekte: Wichtig sei vielmehr, die Statik zu verbessern und den Fuß zu stabilisieren.
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